Geschichte der Stadt Guben Teil 6

Mit dem Anwachsen der Einwohnerzahl von 21.000 im Jahre 1871 auf über 33.000 im Jahre 1900 entstanden viele öffentliche beziehungsweise kommunale Einrichtungen. Dazu zählen die meist bis heute erhalten gebliebenen Anlagen wie das Naemi-Wilke-Stift, das Wasserwerk, der Schlachthof, zahlreiche Volksschulen, darunter die 1902 eingeweihte Pestalozzischule, das Stadttheater (1874 bis 1945) auf der historischen Schützeninsel, das städtische Museum und die Volksbibliothek. Nach dem 1. Weltkrieg kam es zu umfangreichen Siedlungsbauten, so im Gebiet der Kaltenborner Straße (Dubrau-Siedlung), in der Neusprucke (Zehnhäuserweg, Damaschkestraße) sowie am östlichen Stadtrand. Errichtet wurden ferner die massive Neißebrücke (heute Grenzübergang nach Gubin, Neubau), die 1945 ebenfalls zerstörte Nordbrücke am Schlachthof, das neue Stadthaus in der einstigen Stadtmühle an der Neiße und weitere Bauten.

Die zahlreichen, bereits erwähnten Gartenlokale in den Gubener Bergen wurden vor dem letzten Kriege sowohl von den Einheimischen als auch von zahlreichen Touristen besonders während der Baumblüte aufgesucht. Einen guten Klang hatten Lokale wieLindengarten, Sanssouci, Schönhöhe und andere, die alle während der Kämpfe 1945 zerstört wurden. Am Ende des 2, Weltkrieges erlitt die Stadt bedingt durch massive Kampfhandlungen von Februar bis April 1945 schwere Zerstörungen. Fast 90 Prozent des historischen Stadtzentrums mit seinen alten, teils barocken Bürgerhäusern, seinen Geschäftsbauten, dem Renaissance-Rathaus und der spätgotischen Stadt-und Hauptkirche sanken in Schutt und Asche. Nicht wenige Gebäude im altstädtischen Bereich der ehemaligen Klostervorstadt hier befand sich vom 13. Jahrhundert bis 1564 ein Benediktinerinnenkloster westlich der Neiße wurden schwer beschädigt oder zerstört.

Zum Erbe des Nationalsozialismus gehört auch die Teilung der Stadt in Realisierung der im Potsdamer Abkommen 1945 entlang der Oder und der Neiße fixierten deutsch-polnischen Grenze, wobei die deutsche Bevölkerung des östlichen Stadtteils zwangsausgesiedelt wurde.

Das heutige Guben besteht in seinem ältesten Teil aus der Klostervorstadt, benannt nach dem einstigen Nonnenkloster im Bereich der neugotischen Klosterkirche, die seit der Gründerzeit planmäßig bebaut wurde. Die Bahnhofstraße (heute Berliner Straße), die Frankfurter Straße und die Alte Poststraße bilden den Kern der jetzigen Altstadt. Hinzu kommen die bereits genannten Siedlungs- und Genossenschaftsbauten der zwanziger und dreißiger Jahre.

Eine umfangreiche Erweiterung der Stadt in westliche Richtung gab es seit den fünfziger Jahren. Beginnend mit der Grundsteinlegung zur späteren Wilhelm-Pieck-Schule 1951 (heute Grundschule 3) entstanden danach die Wohnkomplexe in der hinteren Kaltenborner Straße, der Obersprucke seit 1963 sowie am Reichenbacher Berg in den Jahren 1971 bis 1985.

Im südlichen Stadtgebiet an der Straße nach Forst erfolgte seit 1960 der Aufbau des Großbetriebes Chemiefaserwerk Guben. Dieses bestimmte zusammen mit den Textilbetrieben Gubener Wolle und den Hutwerken im Wesentlichen die industrielle Struktur der Stadt Guben in den Nachkriegsjahren. 1961 gab man auf Beschluss der SED-Führung der Stadt den Namen „Wilhelm-Pieck-Stadt Guben“. Die Gubener Bevölkerung wurde dabei nicht um ihre Meinung befragt. 1990 beschloss die neu gewählte Stadtverordnetenversammlung, den Beinamen wieder zu streichen.