Zum meteorologischen Frühlingsanfang laden wir Niederlausitzer Wandergurken ganz herzlich ein, uns am Sonnabend, den 2. März 2013, auf einer Wanderung im Gubener Land (Gebiet der Kaltenborner Endmoräne) zu begleiten. Gewandert wird auf einer bekannten Rundstrecke (mit weniger bekannten Abschnitten) vom Deulowitzer See über den Schlagsdorfer Weinberg, die Schlagsdorfer Waldhöhen, durch den Ausbau Kuckucksaue, vorbei am Kaltenborner Moderl, auf die Kaltenborner Berge mit der nicht mehr „Kahlen Glatze“ (nicht 116, auch nicht 117, sondern 116,4 m – ungenau wird’s von alleine) und wieder zurück zum Deulowitzer See. Diese Strecke wird etwa 13,5 Kilometer lang sein.
Weitere Informationen bitte auf Anfrage bzw. bei der Anmeldung bis zum 28.02.2013. Tel. 03542-3792 (Anmeldung ist unbedingt erforderlich, da dann Bekanntgabe der Startzeit und des Treffpunktes!). Bei der Anmeldung bitte nach der ausführlichen interaktiven Präsentation fragen, die wie nur per Mail versenden können (11 MB)!
Im Bereich der Kaltenborner Berge ist die Strecke für ungeübte „Flachlandtiroler“ sportlich anspruchsvoll. Bitte festes Schuhwerk auswählen und auch an Rucksackverpflegung denken, da keine Einkehr! Keine Teilnahmegebühr, da kein Versicherungsschutz. Um einen freiwilligen Obolus in unseren Fontane-Wanderhut wird am Ziel gebeten. Urkunde für gut gelauntes und blasenfreies Mitwandern.
Wie haben wir uns nun diesen Tag vorgestellt? Was gibt es während der Tour an Interessantem zu sehen und zu hören? Durch den Bau der Ortsumfahrung Guben als Teil der neuen B 112 und übergeordnet der Oder-Lausitz-Trasse bzw. Straße (irrtümlich hatten wir diese bisher immer als Oder-Neiße-Spree-Magistrale bezeichnet), eröffnet am 4. Juli 2006, wurden bis auf einen alle Verbindungswege vom Deulowitzer See in Richtung Schlagsdorf und Kaltenborn durchschnitten. Dankenswerter Weise wurden diese durch notwendige Brückenbauwerke umgeleitet und so wieder mit eingebunden.
Um einen Weg davon nutzen zu können, müssen wir jedoch vom Deulowitzer See auf die Ostseite der Bahnstrecke Cottbus-Guben kommen. Dazu benutzen wir die um diese Jahreszeit noch wenig befahrene Straße nach Kerkwitz bzw. Schlagsdorf. In Höhe des Abzweigs Kerkwitz laufen wir auf dem Feld- bzw. Waldweg in Richtung Norden auf den Ausläufer der Kaltenborner Berge zu und unterqueren die neue B 112 durch die Unterführung der Bahn.
In dem folgenden nördlichen Waldgebiet sowie auf dem noch vor uns liegenden Schlagsdorfer Weinberg und auf den Kaltenborner Bergen befinden wir uns nach unserer Interpretation der Feststellungen von Dr. Olaf Juschus in seiner Dokumentation „Der maximale Vorstoß des weichselzeitlichen Inlandeises am Nordrand des Lausitzer Grenzwalls und des Flämings“ (Brandenburgische Geowissenschaftliche Beiträge 1/2 – 2010) am heute östlichsten Punkt Deutschlands der Weichselmaximalausdehnung des Brandenburger Stadium. Spätestens an der Aussicht von den Kaltenborner Bergen werden wir versuchen, dass im Zusammenhang mit der Glazialen Serie mit einfachen Worten zu erklären. Das hinter der Brücke zu laufende Wegstück durch den Wald sollte man ohne Ortskenntnis bzw. Karte besser meiden und zuvor bereits weiter auf der Straße nach Schlagsdorf laufen.
Vor 1945 lag dieses kleine Schlagsdorf zwar nicht an einer Grenze, aber doch weit im Osten Deutschlands. Nachweislich gehörte es zur Herrschaft derer von Schenckendorff und später des Johanniterordens im gleichnamigen Dorf und späteren Kammergut, seit 1945 Sekowice im Polnischen. Bekannt wurde Schlagsdorf in den ersten Jahren nach 2000 besonders durch das Verkehrschaos im Zusammenhang mit der Eröffnung des Grenzübergangs Klein Gastrose-Sękowice (Schenkendorf) sowie durch die Wiedereröffnung der Kiesgrube durch die Nachfahren der Besitzer vor 1945 – eine interessante Geschichte. Weniger bekannt ist, dass der Ursprung des Dorfes einst auf dem jetzigen Weinberg lag (Reste einer spätmittelalterliche Anlage im Erdreich).
Interessant, besonders bei gutem Wetter, sind die Ausblicke vom Weinberg gen Süden auf die Lausitzer Neiße, die hier an den Prallhang ihres großen Mäanders auf die westliche Niederung drückt sowie auf das kleine, jetzt wieder ruhige Schlagsdorf am Fuße des Berges. Erwähnt sei an dieser Stelle auch, dass in dem östlich des Schlagsdorfer Weinberges befindlichen Gebiet die Trasse der Straße 112 vor 1945 als Reichsstraße auch östlich der Neiße verlief: von Forst über Briesnig – Neißebrücke – Strega (Stregów) – Markersdorf (Markosice) kommend – Schenkendorf (Sękowice) – Guben (Gubin) – Guben (Klostervorstadt-Grunewald).
Vom Schlagsdorfer Weinberg (80,9 m ÜNN – etwa 30 m über Grund) reicht der Blick gen Osten über den Neißebogen bis zur Bundesstraße B 97 Richtung Neißebrücke mit dem dahinter auf polnischer Seite befindlichen Grenzübergang Guben/Gubinchen (Gubinek). Dieser Übergang wurde am 8. Juni 2000 eröffnet und seine Funktion ist durch das Schengener Abkommen eigentlich schon Geschichte.
Der Blick auf den Bahnhof Schlagsdorf vom Weinberg erinnert an die Geschichte dieser Nebenbahnstrecke. Bis 1944 schnaufte die Bahn von Guben nach Forst und umgekehrt mit einer Geschwindigkeit von 30 km/h dahin, denn sie brauchte für die Strecke von 30,6 km (zu DDR-Zeiten dann nur noch 27,3 km bis Guben Süd) genau eine Stunde, wie man aus dem Fahrpan 1944 ersehen kann.
Die Schlagsdorfer Einwohner machen sich derzeit nicht nur Sorgen wegen des geplanten Aufschlusses des Tagebau Jänschwalde-Nord sondern auch wegen der geplanten intensiveren Nutzung des Flugplatzes Drewitz bei Jänschwalde Ost. Ihr Dorf würde dann genau in der Einflugschneise von Osten für diesen Flugplatz liegen. Dafür können sie und ihre Gäste, falls dann noch welche in das kleine Dorf an der Neiße kommen, in nicht allzu ferner Zukunft vom Weinberg aus einen Blick in den nahen polnischen Tagebau Gubin-Brody werfen – etwa ab 2030.
Nach genügend Fernsicht vom Weinberg (die Terrassen des früheren Weinbaus sind teilweise noch erkennbar) und Gedanken machen über die Zukunft der „Weinberg-Perspektiven“ erreichen wir im Norden der Erhebung den umlaufenden Weinbergsweg, gehen diesen wieder leicht bergan und kommen auf den Schlagsdorfer Waldhöhen alsbald an der 2012 in Betrieb genommenen Druckerhöhungsstation der GWAZ. Die neue Station versorgt seitdem die Dörfer Grießen, Taubendorf, Klein und Groß Gastrose sowie Schlagsdorf mit Trinkwasser aus dem Wasserwerk bei Schenkendöbern. Auf dem ebenfalls neuen Zufahrtsweg zu dieser Station laufen wir leicht bergab bis fast zum Waldrand und dann auf dem Weg innerhalb des Waldes bis zum Ausbau Kuckucksaue von Kaltenborn.
Durch die Unterführung der Bahnstrecke Cottbus-Guben laufen wir in den Ortskern von Kaltenborn. Hier und da sehen wir noch ein alte Bauerngehöfte aus dem 19. Jahrhundert. Auch eine alte Fachwerkscheune wird die Blicke von uns Wanderern anziehen. Wir werden mal sehen, ob wir den alten Kirchsteig vom Zentrum des Dorfes nach Atterwasch lokalisieren können. Kaltenborn hatte nie eine eigene Kirche, gehörte stattdessen zum Kirchspiel Atterwasch. Auch für die Verstorbenen war das früher der allerletzte Weg zum Atterwascher Kirchhof. Kaltenborn war im Spätmittelalter wohl auch Klosterdorf des Benediktinerinnen-Klosters zu Guben. Anfang der 1950er Jahre wurde Kaltenborn nach Guben eingemeindet. In zurück liegenden Jahrhunderten ist das Dorf durch Weinbau und später durch Obstbau (Kirschen) bekannt geworden. Traditionell wird am 2. Wochenende im September in jedem Jahr das Apfel- und Weinfest gefeiert. Schade, dass die einst schöne Gaststätte Quellhütte (seit 1968) nun schon seit 1991 geschlossen ist. Der Name des Dorfes steht im Zusammenhang mit einer Quelle südlich des Ortes am heutigen Seeweg. Die Quelle nennt der Volksmund auch Model, Moderl oder Moddel, abgeleitet von Modderloch, aber auch Mordel. In einem Verzeichnis der Geotope des Landkreises Spree-Neiße wurde daraus dann „Mordeil“. Bereits um 1550 beförderte man mit einer Holzröhre von dieser Quelle unter Ausnutzung des natürlichen Gefälles etwa 2 Kubikmeter Wasser pro Stunde nach Guben (die Quelle liegt etwa bei 60 m ÜNN und die Gubener Innenstadt bei 46 m ÜNN). Das Quellwasser durchfließt Kaltenborn und vereint sich mit dem Alten Mutterfließ unterhalb der Sprucker Mühle. Beide strömen als Schwarzes Fließ, die Klostermühle bedienend, durch die Klostervorstadt und über Kupferhammer nordöstlich von Grunewald der Neiße zu.
Mehrere Wege führen aus der Ortslage heraus hinauf auf den Kamm der Kaltenborner Berge. Oben ermöglicht ein Kammweg, auf einer „Schlängeltour“ bergauf-bergab, zwischen der Dorfstraße bzw. dem Seeweg und dem Kammweg zu pendeln. Wir haben uns für einen Aufstieg zum Kamm südlich der Quelle vom Seeweg aus entschieden. Der ist kurz aber heftig für uns „Flachlandtiroler“. Bereits bei der Erkundung dieser Endmoräne des Weichselmaximalvorstoßes hatten wir uns gefragt, warum der Wanderweg quer durch Guben und Gubin als „Grüner Pfad“ eigentlich nicht hier oben auf den Kaltenborner Bergen beginnt?
Auf der Kammlinie der Kaltenborner Berge gibt es wenigstens zwei vermessene Höhenangaben. Die „Drakeberge“ mit 96,7 m ÜNN und die „Kahle Glatze“ mit 116,4 m ÜNN. Wenn man es schon genau weiß, sollte man es auch genau nennen, also nicht oberflächlich einfach 116 oder 117 m angeben. Ungenau wird es von alleine, wie auch dieses Beispiel in der Praxis zeigt. „Drake“ gibt es als Familiennamen, aber auch regional für Drachen. Die Kahle Glatze als höchste Erhebung der Endmoräne ist schon lange nicht mehr kahl und es gibt auch keinen Ausblick mehr in die Umgebung. Entschädigt wird man am Rande des Einschnitts der Ortsumfahrung Guben (neue B 112) mit herrlichem Blick gen Süden/Südwesten. Allerdings ist auch hier das gesamte Terrain jenseits der neuen Straße bewaldet, so dass man den Deulowitzer See von dieser Stelle aus auch nur erahnen kann.
Wir laufen wir mit kleinen Schritten den steilen Hang hinunter zum neuen Abzweig vom Seeweg, der uns unter der Ortsumfahrung Guben hindurch (neue B 112) direkt zum Deulowitzer See führt. Nun folgen wir dem markierten Weg durch die Unterführung der schon öfters genannten neuen Oder-Lausitz-Straße und kommen so auch in den nördlichen Bereich des Deulowitzer Sees. Dieser See ist wie die anderen auch in diesem Gebiet (Pastling, Schenkendöberner See, jetzige Grabkoer Seewiesen, Pinnower See, Großsee und Kleinsee) nach dem Rückgang der Weichselmaximalausdehnung durch das Abschmelzen zurück gebliebener Toteisfelder entstanden.
Etwas erschöpft von den Eindrücken und Erlebnissen des Tages wie auch vom Streckenprofil und der Wegebeschaffenheit, können wir am Ziel die Erkenntnis des Gubener Rundschau-Reporters Thomas Engelhardt in seinem LR-Beitrag vom 17. Oktober 2012 nur bestätigen, als er titelte: „Im Gubener Land gibt’s viel zu entdecken“. Aber Wandern ist nun mal kein Schwerpunkt des organisierten naturnahen Aktivtourismus in und um Guben – nur Radfahren. Wie war das doch gleich mit dem Unterschied zwischen Radfahren und Wandern?
Radfahren ist mehr aber weniger – Wandern ist weniger aber mehr…
In diesem Sinne – ein herzliches Willkommen zu unserer Wanderung!
Wir Niederlausitzer Wandergurken freuen uns auf Sie!
Gerd Laeser – Gästeführer Niederlausitz – und Frau Edeltraud
Lübbenau/Spreewald
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