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  1. Peter Kaufmann sagte:

    Die Eisengießerei Gleiche in Guben

    In der Bahnhofstraße ist ein Relikt der Gubener Industriegeschichte im Jahr 2014 endgültig beseitigt worden.
    Dort war seit dem Jahr 1856 eine Eisengießerei ansässig welche nach über 130-jähriger Produktion ihren Betrieb einstellte. Gegründet wurde sie im Jahre 1853, von dem aus dem Ort Tschirndorf bei Sagan am stammende Carl Robert Gleiche. Dort wurde er am 20. April 1819 geboren. Der junge Carl Robert erlernte bei dem dortigen Eisenhammer der Gebrüder Glöckner den Beruf des Eisengießers und qualifizierte sich zum Former-Meister. Dieser Betrieb wurde übrigens bekannt für die Entwicklung von stählernen Bremsklötzen für die Eisenbahn. Sie waren zuvor aus Pappelholz gefertigt und führten häufig zu Radreifensprengungen.
    Gleiche kam nach Guben und beantragte im Jahr 1852 den Kauf des Grundstückes 488i, später Berliner Straße 8, jetzt Bahnhofstraße 8. Nach dem die Stadtverordnetenversammlung (gez. Bothmer, H. Schemel, Rohde, A. Wolff, Schneider, C. Menzel) ihre Zustimmungen erfüllt hatte, verkaufte am 1.10.1853 der Magistrat das Grundstück an den Former Meister Carl Robert Gleiche, ein in der Nähe des Eisenbahnhofes belegenes Grundstück von 65 mal 43 Quadratruthen Größe für 388 Taler und 24 Silbergroschen. Zuvor hat die Regierung in Frankfurt/ Oder den geplanten Verkauf genehmigt. Aus der Angabe, dass das Grundstück 1853 nördlich von Försters Hotel, heute Volkshaus liege, kann man annehmen, dass zwischen Förster und Gleiche kein Haus stand.
    Als Kaufgeld wurde vereinbart: 9 Pfennige für den Quadratfuß, 3 Taler 18 Silbergroschen für die Quadratruthe.
    Nachdem der Kauf abgeschlossen war, starb Ende 1853 seine erste Frau Marie Sophie Amalie. Sie hinterließ 2 Kinder und stammte ebenfalls wie er, aus Tschirndorf.
    Am 10. Januar 1853 stellte er ebenfalls einen Antrag an die königliche Regierung zu Frankfurt/Oder: „Der Former Meister C.R. Gleiche beabsichtigt auf einem unbebauten Platze in der Nähe des Niederschlesisch- Märkischen Eisenbahnhofes, eine Metallgießerei neu anzulegen“.
    Die „Concession“ wurde am 28. April 1853 erteilt.
    1854 errichtete C.R. Gleiche als Eisengießereibesitzer, später als Maschinenfabrikant bezeichnet, seine Eisengießerei.
    Im selben Jahr heiratet er die Schwester seiner ersten Frau, Julia Auguste.
    Der erste Abguss erfolgte am 19.Juli 1856.
    Die in Guben vorherrschende Tuch- und Hutfabrikation hatte einen steigenden Bedarf an Gießereierzeugnissen. Es wurden aber auch diverse Guss Artikel für den gewöhnlichen Haushalt hergestellt.
    Aber bald hatte er unter wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu leiden, so dass 1857 am 28. Dezember das Konkursverfahren über ihn eröffnet wurde.
    Zu der Gläubigerversammlung im April 1858 meldeten 33 Gläubiger Forderungen in Höhe 11339 Taler an. Gleiche schlug einen Vergleich vor und bot 45% des Betrages der Forderungen an.
    Dem stimmte die Mehrheit zu. Gleiche verpflichtete sich die Hälfte der Schulden (das heißt: der Reduzierten) in 4 Wochen, 1/4 binnen Jahresfrist, 1/2 nach 2 Jahren zu zahlen und verpfändete die Fabrik.
    Der Tuchfabrikant Lehmann übernahm die Bürgschaft.
    1859 kaufte Gleiche zur Erweiterung seiner Anlage vom Magistrat nochmals 2 Bauplätze von je 51 Quadratruthen und bebaute sie.
    Sie wurden mit den früheren Nr. 481i vereinigt.
    Ein weiteres Darlehen nahm Gleiche im Jahr 1861 auf.
    Am 27.Februar 1870 gibt es wiederum eine Konkurseröffnung, welche aber im selben Jahr durch Vergleich beendet wurde. In der Familie kursierte das Gerücht das eine für England bestimmte Lieferung an Gussteilen mit einem Schiff unterging. Die Ware war wohl nicht transportversichert und demzufolge wurde nichts erstattet.
    In diesem Jahr stirbt auch 47-jährig, Julia Auguste, seine zweite Frau und hinterließ 7 Kinder.
    Gleiche stellt am 5. Juli 1873 ein Gesuch zur Anlage einer neuen Gießerei auf dem Gehöft Berliner Straße 8.
    Die Überweisung der Unterlagen an die königliche Regierung in Frankfurt/Oder durch den Magistrat erfolgte am 2. August 1873, einschließlich der Unterlagen für neu zu errichtende Kupolöfen.
    Die Erteilung der Genehmigung des Neubaus mit 2 Kupolöfen erfolgte am 12. August 1873.
    Gleiche tritt im Jahre 1876 seinen Besitz an den Kaufmann Hugo Lehmann ab. Der Verkaufspreis beträgt 102805 Mark, 42805 für Immobilien, 60000 für die Maschinen.
    Gleiche verlässt Guben und geht nach Neuzelle. Dort übernimmt er das Bahnhofsrestaurant und wohnte Bahnhofstraße 1.
    Wilhelm Köhler übernahm die Gießerei und führte Sie bis 1904. Sein Sohn, Richard übernahm diese im Jahre 1904.
    Nach 1902 begann in Guben der Bau der städtischen Kanalisation. Die dafür benötigten Schachtabdeckungen wurden bei Köhler produziert. A. Donath übernahm am 14. Februar 1935 von Köhler die Gießerei. Nach dem Kriegsende wurden dringend benötigte Dinge des täglichen Gebrauchs hergestellt.
    Die Gießerei wurde im Jahr 1946 der Treuhand unterstellt, volkseigen und hieß dann „VEB Gubener Eisenwerke“.
    Durch die Zusammenlegung einiger Betriebe entstand 1961 der „VEB Maschinenfabrik und Eisengießerei Guben“.
    Die alten Kaltwindkupolöfen wurden im Jahr 1964 durch Heißwindkupolöfen ersetzt.
    1970 wird die Fabrik ein Betrieb im Kombinat für Dieselmotoren und Industrieanlagen des VEB Schwermaschinenbau „Karl Liebknecht“ Magdeburg.
    Um 1975 gab es eine Rekonstruktion der Heißwindkupolöfen und der Gießerei.
    Mit der Wende folgten die Privatisierung und die Umbenennung in „SKL Maschinenfabrik Guben GmbH“ und 1992 in „Maschinenfabrik Guben GmbH“.
    Die Fabrik mit seinen ca. 80 Beschäftigten konnte nicht mit der übermächtigen Konkurrenz schritthalten und beendete seinen Betrieb.
    Der letzte Abguss erfolgte am 6. September 1992.
    Im Jahr 2014 verschwanden durch einen umfassenden Abbruch die baulichen Anlagen der Eisengießerei.
    Die Nachkommen dieser Familie Gleiche sind in der Gegend nicht mehr namentlich feststellbar. Die Kinder und Kindeskinder verteilte sich in ganz Deutschland, Irland und Dänemark. Neuzelle wurde aber immer als familiärer Treffpunkt bewahrt und lebt in der Erinnerung weiter.

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