Die Kommission der Eurostadt Guben-Gubin kam am 7. Februar 2022 zur 23. Sitzung in der Alten Färberei in Guben zusammen. Im Fokus des grenzübergreifenden Gremiums standen zwei große Themenfelder, die Bildungssituation in Kindergärten und Schulen auf beiden Seiten der Neiße sowie die Präsentation der Ergebnisse des KPF-Projektes: „Grenzübergreifendes Kooperationszentrum für Wirtschaft und Innovation in der Eurostadt Guben-Gubin – Konzepterstellungsphase“.

Lukas Opitz vom „kollektiv stadtsucht“ präsentierte das KPF-Projekt in dessen Mittelpunkt ein Nutzungskonzept für das seit über 25 Jahren leerstehende Gebäude D steht.
Die unmittelbare Nähe zur Neiße und die zentrumsnahe Lage bieten eine Vielzahl an Möglichkeiten. Ein Ziel ist es, die Entwicklung der beiden Städte als Ganzes zu begreifen und noch mehr als eine Einheit Guben-Gubin zu agieren. Für das Gebäude D könnte dies bedeuten als grenzübergreifendes Kooperationszentrum in neuem Glanz zu erstrahlen. Das Bauwerk der ehemaligen Tuchfabrik (VEB Gubener Wolle), das letzte monumentale Industriegebäude, bietet eine besondere Ästhetik und ist in seiner Kompaktheit nicht zu übersehen. Alle 6 Stockwerke sind durch eine Skelettbauweise gleich angeordnet und gekrönt von einer beeindruckenden Dachterrasse, welche einen Rundumblick über die gesamte Doppelstadt ermöglicht. Die Bauweise schafft flexible Nutzungsmöglichkeiten, die nach dem Leitbild „Vielfalt, Dialog und Innovation“ in Verbindung mit einer Bürgerumfrage erarbeitet wurden. Büro-, Vereins- oder Kurzzeitwohnräume, welche besonders in der Kombination voneinander partizipieren und so neue Begegnungen schaffen. Angepasst an den Wasser- und Radtourismus entlang der Neiße kommt auch die Nutzung eines Gastronomiebetriebes oder speziell eine Bar auf der Dachterrasse als Nutzungsvariante infrage. Im Rahmen der grenzübergreifenden Kooperation kam es bereits zu zwei konkreten Anfragen für das ehem. Industriegebäude. Aufgrund dieser Anfragen und im Hinblick auf die künftige vielfältige Nutzung dieses Objektes hat die Stadt Guben einen Projektsteckbrief bei der Wirtschaftsregion Lausitz eingereicht, um für die Umsetzung Mittel aus dem Strukturwandel zu akquirieren.

Als zweiten Tagesordnungspunkt präsentierte Midzio-Kaczmarek, Leiterin der Abteilung für Innere Organisation und Bürgerangelegenheiten der Stadt Gubin, die polnische Bildungssituation in Kindergärten und Schulen. In Gubin besuchen 56 Kinder bis zum 3. Lebensjahr die Kinderkrippe, die Kapazitäten sind begrenzt, es gibt meist mehr Anträge als freie Kapazitäten. Die Finanzierung der Kinderkrippen erfolgt durch den städtischen Haushalt (61 %), dem Land (12 %) sowie Elternbeiträgen (27 %). Eine neue Gesetzgebung soll die Elternbeiträge aufheben, diese ist jedoch noch nicht endgültig beschlossen. Die Finanzierung der Kindergärten erfolgt durch den städtischen Haushalt (90 %), dem Land (7 %) sowie Elternbeiträgen (3 %). Die Stadt Gubin ist Träger von 4 Grundschulen und einer weiterführenden Oberschule (Gymnasium), was in Polen ein Sonderfall ist. Die zwei weiteren Oberschulen in Gubin trägt der Landkreis.

Verbesserungspotenzial sieht Midzio-Kaczmarek im Sprachunterricht, aufgrund der fehlenden Lehrkräfte kann nicht in allen Einrichtungen konsequent Deutsch unterrichtet werden. Das Ansehen und die Bezahlung einer polnischen Lehrkraft sind nicht besonders lukrativ. Im Gubiner Gymnasium lernen 87 % der Schülerinnen und Schüler Deutsch, in der Kinderkrippe nur noch 8 %.
Demografisch betrachtet hat die Stadt Gubin eine sinkende Geburtenrate zu beklagen, 2015 waren es noch 159 Kinder, so sind es 2021 nur noch 95 Kinder, ähnlich der deutschen Geburtenzahlen.Trotzdem ist die Auslastung der Kindergärten überschritten, sodass bereits Kindergartenkinder in den Grundschulen betreut werden müssen. Eine weitere Kita könnte die Situation deutlich entlasten.
Anschließend präsentiere Nadine Städter, Fachbereichsleiterin für Schulen/Jugend/Sport/Soziales der Stadtverwaltung Guben, den Aufbau der Kindertagesstätten und Schulen. In Guben gibt es 8 Kindertagesstätten und 3 Horte. Unterschiedlich zu der Gubiner Seite befinden sich alle 11 Einrichtungen in freier Trägerschaft. Ein ergänzendes Angebot bieten zwei Kindertagespflegestellen sowie 3 Eltern-Kind-Gruppen. Mit Stand vom Dezember 2021 sind insgesamt 559 Kinder und davon 83 mit polnischer Herkunft, dessen Wohnsitz sich in Guben befindet, untergebracht. Die Auslastung liegt bei ca. 87 %, bis Schuljahresbeginn ist die Tendenz kontinuierlich steigend. (vgl. 01.06.2021: ca. 95%) Kinder deren Wohnsitz in Gubin liegt können nicht in den Gubener Kitas betreut werden, da es keine Kostenübernahmereglungen zwischen Deutschland und Polen gibt. Im Blick auf die grenzübergreifende Zusammenarbeit stehen viele Kitas mit polnischen Partner-Kitas im Austausch, aufgrund der Corona-Pandemie ist deren Zusammenarbeit jedoch eingeschränkt bzw. kaum möglich.
Im Bereich der Schulbildung können Gubiner Schüler und Schülerinnen lt. BgbSchulG als Gastschüler die Gubener Schulen besuchen. Die Kostenübernahme erfolgt im Rahmen des Gesetzes über den Allgemeinen Finanzausgleich mit Gemeinden in Brandenburg (BbgFAG, § 14 Schullastenausgleich). In der Friedensschule-Grundschule lernen in diesem Schuljahr 13 und in der Europaschule „Marie & Pierre Curie“ 6 Schülerinnen und Schüler mit Wohnsitz in Polen. Auch das Gubener Pestalozzi-Gymnasium, welches sich in Trägerschaft des Landkreises Spree-Neiße befindet, hat seine Daseinsberechtigung durch die polnischen Schülerinnen und Schüler. Die Unterbringung der polnischen Gastschüler des Pestalozzi-Gymnasium ist im Gubiner Internat und wird durch den Landkreis Spree-Neiße finanziert.

In der abschließenden Gesprächsrunde konnte die letzten Fragen zwischen den anwesenden deutschen und polnischen Kommissionmitgliedern geklärt werden.
Ferner beschlossen die Mitglieder die weiteren Sitzungstermine, so wird die gemeinsame Kommission der Eurostadt Guben-Gubin am 16. Mai in Gubin, 26. September in Guben und am 5. Dezember wieder in Gubin tagen.

Hintergrund:
Dem Gremium gehören an, die Bürgermeister der Doppelstadt Guben-Gubin, Bartłomiej Bartczak und Fred Mahro sowie jeweils zehn Stadtverordnete aus jeder der beiden Grenzstädte. Grundlage der Kommissionsbildung war eine gemeinsame Erklärung beider Stadtverordnetenversammlungen zur grenzübergreifenden Zusammenarbeit, die Anfang Mai 2015 unterschrieben wurde. Darin verpflichteten sich beide Städte, die deutsch-polnische Zusammenarbeit weiter zu intensivieren. Die konstituierende Sitzung erfolgte am 21. September 2015 im Gubener Rathaus. „Grundsätzlich haben unsere Einzelabstimmungen empfehlenden Charakter und müssen in den Stadtparlamenten jeweils noch einmal formal beschlossen werden“, erklären der polnische Kommissionsvorsitzende Krzysztof Zdobylak und der deutsche Kommissionsvorsitzende Thomas Laugks.

Die gemeinsame Kommissionssitzung findet im Rahmen des Projekts „Zwei Rathäuser – eine Eurostadt. 2. Etappe“ statt. Das Projekt wird aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung im Rahmen des Kooperationsprogramms INTERREG V A Brandenburg-Polen 2014-2020 mitfinanziert

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